
„Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“
Der Slogan: „kein Werben fürs Sterben“, der vor allem durch Schülervertretungen in nahezu
allen Regionen gegen das Rekrutieren junger Menschen für die Bundeswehr ins Leben
gerufen wurde, zeigt die unbedingte Notwendigkeit, sich für Frieden einzusetzen, denn in
Armeen wird man zum Töten an der Front ausgebildet. Die Fraktion MarburgerLinke &
PIRATEN steht in der Tradition der Friedensbewegung und spricht sich klar gegen
Militarismus aus. Deshalb lehnen wir auch ein „Dankeschön von der Front“ in Form einer
nationalen Flagge ab. Stattdessen haben wir in einem dringlichen Antrag gefordert: „Recht
auf politisches Asyl bei Kriegsdienstverweigerern beibehalten. Marburger Friedenspreis
einführen.“
Unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende Anja Kerstin Meier-Lercher führte dazu
folgerichtig aus: „Anlässlich des Internationalen Tags der Kriegsdienstverweigerung am 15.
Mai und des jüngsten Berichts im Marburger Express „Ein Dankeschön von der Front“, sollte
alles dafür getan werden, alle Menschen die vor Krieg fliehen, in Marburg willkommen zu
heißen, auch Menschen, die den Kriegsdienst verweigern. Bekanntlich ist es so: Wo es
Kriege gibt, widersetzen sich auch Menschen dem Krieg, gegen das unendliche Leid, das
Töten.“ Und sie erinnerte an den vor wenigen Tagen entsetzlichen Tabubruch, dass in
Niedersachen gewaltsam Kirchenasyl gebrochen und eine vierköpfige Familie nach
Russland abgeschoben wurde. Gegen die Dringlichkeit sprach sich der Grünen
Fraktionschef Christian Schmidt aus, der aber erkennen ließ, das gute und wichtige
Ansinnen aufgreifen zu wollen und ausführlich in den kommenden Ausschussberatungen zu
erörtern – wir werden uns nach Kräften einsetzen und für den Erfolg kämpfen, denn es gilt:
„In Frieden zu leben, ist der Wunsch der Menschen. Und es ist die Pflicht der Politik, daran
zu arbeiten. Diplomatie für den Frieden – für den Frieden zu arbeiten – ist der vorgegebene
Weg.“
Ein weiterer dringlicher Antrag beschäftigte sich mit dem Ziel der Beibehaltung der geltenden
Öffnungszeiten des Marburger Schwimmbads, eingebracht durch die Fraktion Die Linke,
dessen Ansinnen wir uns selbstverständlich anschließen. So jedoch nicht die zuständige
Stadträtin Kirsten Dinnebier – die sich von der eigenen Mitverantwortung ablenkend –
regelrecht empört über diese Forderung zeigte, man würde die Belastung der
Mitarbeiter:innen, den Personalmangel und das Bemühen schlicht negieren.
Glücklicherweise kam ihr aber das Wetter zu Hilfe: die offenbar unsachgemäße Sanierung
des Hallenbaddachs erzwingt die Schließung des Hallenbads, und damit steht wieder
Personal für die regulären Öffnungszeiten des Freibads zur Verfügung.
Fokus auf bezahlbarem Wohnraum, Werkswohnungen und Bürgerbeteiligung
Tanja Bauder-Wöhr eröffnete die Debatte um bezahlbaren Wohnraum im Quartier
Südbahnhof, sie lobte zunächst die Initiative, die sich seit etwa 1½ Jahren vorbildlich mit
vielen Ideen und eigenen Workshops einbringt. Unsere Fraktionsvorsitzende erinnerte an
den ursprünglichen Masterplan Temmlerareal, der bereits 2016 erstellt wurde, der das
gesamte Gebiet erfasste und ein neues Wohnquartier zum Ziel hatte. Sie fragte: „Wie kann
es sein, dass viele der infrage kommenden Flächen durch Privatinvestoren erworben wurden
und die Stadt selbst nicht mal versuchte, die Flächen ebenfalls in ihren Besitz zu bringen,
oder gar durch rechtsverbindliche Quartierspläne den Rahmen vorgibt?!“. Weiter führte sie
aus, dass auf der freiwerdenden Fläche – bisher durch das THW genutzt – es sich anböte,
sozialen und bezahlbaren Wohnraum in der Mitte und nicht wieder am Rand eines Gebietes
entstehen zulassen. Es zeichnet sich aber ab, dass der Magistrat hier Tauschverhandlungen
führt – unter der Vorgabe, die lukrative Mitte an Investoren und den Rand für die Armen zuvergeben. Dies dürfe auf keinen Fall passieren! Und wer die Verkehrswende in Marburg will,
hat hier die Chance, Werkswohnungen für Busfahrer in unmittelbarer Nähe zu den
Stadtwerken entstehen zu lassen – die Stadt sollte endlich ihre Versprechen umsetzen,
anstatt immer nur zu vertrösten und im alten Trott ihr Heil bei den Privatinvestoren zu
suchen!
Seit acht Jahren Stillstand zum notwendigen Neubau der Kita Goldberg
Zur Erinnerung die Kindertagesstätte (Kita) Goldberg wartet seit Jahren wegen
Schimmelbefalls und weiterer Mängel auf Sanierung, die gesamte Kita ist seither
provisorisch ins alte Rathaus in Cappel eingezogen. Ende April sind in jenem Gebäude zu
hohe Werte von polychlorierten Biphenylen (PCB) festgestellt worden, deshalb wurden diese
Räumlichkeiten gesperrt.
Unser ausgewiesener Sozialexperte Roland Böhm eröffnete die Debatte und verglich die
jahrelangen „Nicht-Geschehnisse“ in der Causa Kita Neubau mit: „Und täglich grüßt das
Murmeltier“, denn in der Tat gab es nur Ankündigungen und nicht eingehaltene Versprechen:
„Nachdem nun unter Frau Dinnebiers Verantwortung fünf Jahre erfolgreich nichts passierte,
gab es 2023 den Zuständigkeitswechsel zu Frau Bernshausen. Sollte sich nun etwas ändern
und vorangehen? Nein, das Spiel geht unverändert weiter: Jährlich Ankündigung am
Murmeltiertag, ansonsten nix, bis … ja bis jetzt auf einmal das Provisorium Altes Rathaus
der Goldberg-Kita platzt und die Öffentlichkeit mal genauer hinschaut. Da muss der
zuständige Baustadtrat im Sozialausschuss einräumen, dass er nicht weiß, warum hier seit
2016 nix passiert.“
Die in der Diskussion aufkommenden Versuche von Seiten der SPD, uns unseriöse
Forderungen zu unterstellen, wurden von Tanja Bauder-Wöhr auf schärfste zurückgewiesen.
Die Fraktion MarburgerLinke & PIRATEN fordert schlicht, längst überfällige Versprechen
schnellstmöglich einzulösen, dies wird im Übrigen auch vom Ortsbeirat Cappel unterstützt.
Die CDU schloß sich unserem gesamten Antrag an, die regierende Koalition stimmte nur zu –
nach Lösungen zu suchen, die konkrete Handlungsaufforderung allerdings untersagte sie.
Nun gilt es, bis zu den Sommerferien zufriedenstellende Lösungen zu finden, im Interesse
der Kinder, des Personals und der Eltern. Denn die Haushaltsmittel für die Sanierung des
Goldbergkindergartens waren bereits in den Haushalt 2016 eingestellt und im
Haushaltsentwurf 2017 aufgrund „politischer Spielchen“ um die neue Bildung der damaligen
Stadtregierung wieder gestrichen worden – die Leidtragenden dabei waren und sind ganz
offensichtlich die Jüngsten unserer Gesellschaft. Denn wäre hier nach Plan verfahren
worden, stünde der Neubau der Kita Goldberg vermutlich und die jungen Heranwachsenden
würden jetzt mit ihren Erzieher:innen und pädagogischen Fachkräften den Neubau mit Leben
füllen. Nebenbei bemerkt, wäre das Projekt damals sicher deutlich billiger gewesen als jetzt.
Stattdessen stehen die Kinder, ihre Eltern sowie das Betreuungspersonal vor der
schwierigen Aufgabe, sich jetzt nach Notfallquartieren umzusehen. Unseres Erachtens nach
muss sofort mit dem Abriss des Bestandsgebäudes der Kita Goldberg begonnen werden, um
noch möglichst in diesem Jahr mit dem Neubau zu beginnen. Zwischenzeitlich müssen alle
Anstrengungen unternommen werden, um in Cappel einen zuverlässigen Betrieb für die
Goldbergkindertagesstätte zu gewährleisten. Dabei müssen ein ansprechendes
Außengelände mit Spielgeräten und ausreichender Beschattung sowie Aufenthaltsqualität
und selbstverständlich angemessene Innenräumlichkeiten zur Verfügung stehen.
Unser neues Fraktionsmitglied Dr. Michael Weber (PIRATEN) sorgte mit den
Berichtsanträgen einmal zur „Videoüberwachung Oberstadt“ und zum anderen zur
Umsetzung der „Daseinsfürsorge im Bereich eGovernments & Digitalisierung in derStadtverwaltung“ dafür, dass der Oberbürgermeister ausführlich berichtete. Die mitgeteilten
Informationen werten wir derzeit noch im Detail aus, leider wurde vom OB entgegen des
Antragstextes allerdings weder das IT-Security- noch das Datenschutz-Audit der
Videokamerasysteme geliefert. Es zeigt sich zudem, dass der ursprünglich von den
Marburger PIRATEN entwickelte OpenSource-Softwarefinanzierungsansatz über den
Städtetag dermaßen bedeutend ist, dass dieses Projekt vom Bund aufgegriffen wurde.
Unser Antrag auf Teilhabe fraktionsloser Stadtverordneter mit beratender Stimme an den
Ausschussverhandlungen lehnte die Stadtverordnetenversammlung mehrheitlich ab, obwohl
wir mit Quellenangaben nachgewiesen hatten, dass dieses Vorgehen im Gegensatz zu den
Behauptungen anderer Fraktionen HGO-konform ist und in allen dahingehend untersuchten
hessischen Städten auch praktiziert wird (Frankfurt, Kassel, Gießen). Von gleichberechtigter
Teilhabe kann hier keine Rede sein, Politikverdrossenheit wird geschürt und Engagement für
Kommunalpolitik wird unter solchen Arbeitsbedingungen nicht länger zu erwarten sein.
Auf Inge Sturms Initiative hin und mit Unterstützung unseres langjährigen Mitgliedes im
Denkmalbeirat brachten wir die unter Denkmalschutzstellung der „Alten Weinstraße“ ein.
Während dieses Ansinnen im Denkmalbeirat eine Mehrheit fand, konnten wir uns in der
STVV hier nicht mehrheitsfähig durchsetzen.
Tanja Bauder-Wöhr, Roland Böhm, Anja Kerstin Meier-Lercher, Inge Sturm, Dr. Michael
Weber.