Beschluss:
Die Stadtverordnetenversammlung der Universitätsstadt Marburg fordert die
städtischen Vertreter in der Gesellschafterversammlung und im Aufsichtsrat der
Gemeinnützigen Wohnungsbau GmbH (GeWoBau) auf:
- Neuabschlüsse von so genannten Indexmietverträgen bei der GeWoBau zu
unterbinden - Bereits bestehende Indexmietverträge in nicht preisindizierte Mietverträge
umzuwandeln
Begründung
In „normalen“ Zeiten in denen Löhne, Renten und Transferleistungen nach der
goldenen Lohnregel steigen (Rate des nominalen Stundenlohnwachstums = Rate
des Stundenproduktivitätszuwachses + Zielinflationsrate) ist ein Indexmietvertrag,
eine Kopplung der Miete an die Inflationsrate durchaus möglich.
Derzeit sind die Zeiten allerdings nicht „normal“. Zwar kann trefflich darüber gestritten
werden, wer oder was für die explodierenden Preise – vor allem im Energiesektor und
bei Lebensmitteln – verantwortlich ist, unstrittig ist jedoch, dass die exorbitanten
Preissteigerungen auf exogene Einflüsse zurückzuführen sind.
Die hohen Preissteigerungsraten sind schon gar kein Ergebnis einer inflationären
Lohn-Preis-Spirale, sondern haben andere Ursachen (Gierflation, sehr volatile
Marktpreise wichtiger Güter). Indexmietverträge, welche an die Preissteigerungsrate
des Statistischen Bundesamtes gekoppelt sind, treffen Mieter daher in der jetzigen
Krise doppelt. Erstens müssen sie die allgemeinen Preissteigerungen bezahlen und
zweitens treiben diese allgemeinen Preissteigerungen ihre Miete in die Höhe.
Da hilft auch nicht, wenn die städtische Tochter GeWoBau sich folgende Regel
betreffend ihrer Indexmietgestaltung auferlegt hat: „In jedem Fall gilt die Regel, dass
die erhöhte Miete 20%, bzw. künftig 25% unter der ortsüblichen Vergleichsmiete
liegen muss.“
In Krisenzeiten sollten Mietverträge nicht dazu beitragen die Krise zu verschärfen.
Indexmietverträge tragen zur Verschärfung der Krise vor allem für Menschen mit
geringem Einkommen bei. Aus diesem Grund fordert die Marburger Linke nicht nur
ein Verbot bei Neuabschlüssen von Mietverträgen, sondern auch bestehende
Indexmietverträge sind abzulösen und anzupassen.
Der Deutsche Mieterbund unterstützt das Anliegen der Marburger Linken. Er spricht
sich sehr deutlich gegen Indexmietverträge aus und fordert ein Verbot solcher
Verträge. Zitat aus einer Pressemitteilung des Deutschen Mieterbundes:
»Sogenannte Indexmieten koppeln Mieterhöhungen an die Entwicklung des
allgemeinen Preisniveaus. „Es heißt immer, dass in Jahren ohne Inflation die Mieter
profitiert hätten“, erklärte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen
Mieterbundes. Das sei in der Theorie richtig. „In der Praxis beobachten wir aber,dass Indexmietverträge vor allem dann abgeschlossen wurden, wenn die
angebotene Miete bereits sehr hoch gewesen ist.“ Diese Mieterinnen und Mieter
hätten also bereits eine Miete über der ortsüblichen Vergleichsmiete akzeptieren
müssen und erhielten nun zusätzlich kräftige Mietsteigerungen, sagte Siebenkotten.
Indexmieten seien bei hoher Inflation und steigenden Energiepreisen eine
„unzumutbare Kostenfalle“ warnte der Mieterbund. Die gestiegenen Heizund Stromkosten kämen noch hinzu.«
Tanja Bauder-Wöhr