3. November 2022
Mit der Streichung des § 219a im Strafgesetzbuch ist es noch nicht getan, die Informationen zu
SchwangerschaȦsabbrüchen müssen auch verfügbar gemacht werden. Hierzu bringt die Marburger
Linke einen Antrag in die Stadtverordnetenversammlung ein:
Beschlussvorschlag
Die Stadt Marburg wird ersucht, im Sinne der neuen Rechtslage in Bezug auf den gestrichenen § 219a
StGB die in der Stadt Marburg ansässigen Ärztinnen und Ärzte anzuregen, entsprechende Informationen über SchwangerschaȦsabbrüche auf ihren Internetseiten bereitzustellen. Darüber hinaus wird die
Stadt Marburg gebeten, in ihren für Publikum zugänglichen Ämtern und Dienststellen selbst Informationen über Anlaufstellen, Behandlungsmöglichkeiten und in der Stadt Marburg ansässige Ärztinnen
und Ärzte, die entsprechende Behandlungen vornehmen, gebündelt bereitzustellen.
Begründung
Eines der Grundprinzipien der medizinischen Ethik ist eine neutrale, möglichst umfassende und transparente Vermittlung von Informationen über Behandlungen. Bisher galt dieser Standard bis auf eine
Ausnahme: Den § 219a StGB, der die Bereitstellung von Informationen über SchwangerschaȦsabbrü-
che unter Strafe stellte. Selbst Ärztinnen und Ärzte, die auf ihren eigenen Internetpräsenzen darüber
informierten, dass sie solche Eingriffe anbieten, wurden dadurch kriminalisiert. Die Kriminalisierung
und damit einhergehende Tabuisierung führte in der Folge zu einem Mangel an Informationen für Betroffene sowie gefährlichem Unwissen. Weiterhin nutzten Gegner*innen des Rechts auf Selbstbestimmung den Paragrafen in den vergangenen Jahren zunehmend, um Ärztinnen und Ärzte unter Druck zu
setzen. Die Folge: Ein zunehmender Rückgang von Angeboten zu SchwangerschaȦsabbrüchen und
ein Rückgang von öffentlich verfügbaren Informationen.
Dieser unhaltbare Sonderzustand wurde mit Wirkung vom 19. Juli 2022 beendet und der § 219a StGB
aufgehoben. Nach Jahren der Kriminalisierung, Tabuisierung und der Mobilisierung gibt es nun die
Möglichkeit, öffentlichen Informationen bereitzustellen. Gleichzeitig bedarf es einiger Anstrengung
durch Öffentlichkeit, Ärztinnen und Ärzte sowie Politik und Verwaltung, um Aufklärung zu leisten und
das Thema SchwangerschaȦsabbrüche zu enttabuisieren.